Konfetti und Feenstaub/

Warum klassische Agenturpitches vermieden werden sollten…

Unternehmen wollen belogen werden/oder der schmerzhafte Weg zur richtigen Agentur

Wenn es im Pitch ums Ganze geht, dann hauen die verantwortlichen Agenturmanager bei Kundenpräsentationen gern mal so richtig auf den Putz. Was folgt, ist oft Unzufriedenheit – und zwar auf Kunden- und auf Agenturseite, weil die hohen Erwartungen eben nicht erfüllt wurden. Aus Sicht von Oliver Zils steckt der Fehler im System. In seinem Gastbeitrag für HORIZONT Online erklärt der  Managing Director von Logic Joe, warum der klassische Agenturpitch nicht mehr zeitgemäß ist.

Immer wieder wird über Pitch-Kultur und zu wenig Wertschätzung von Agenturarbeit diskutiert. Denn viele Unternehmen lassen pitchen, weil es ihnen selbst an Visionen, Zielen und guten Ideen fehlt. Von der potentiellen Agentur erwarten sie dann neben einer ausgeklügelten Strategie vor allem ein Feuerwerk an Kreativität inklusive innovativer Tools und Lösungen. Ganz nach dem Credo: “Die müssen jetzt richtig was zeigen, das muss knallen!“ Und weil es für Agenturen immer schwieriger wird, diese hohen Anforderungen zu erfüllen, wird in vielen Pitches gelogen, dass sich die Balken biegen. Beeindruckt wird mit viel Brimborium und Oberflächlichkeit anstatt mit fundiertem Fachwissen und zukunftsträchtigen Konzepten.

Wollen Unternehmen belogen werden/

Ja wollen sie, sie nehmen diesen Umstand sogar wissentlich in Kauf. Das geht sogar so weit, dass Marketing- und Digital-Manager ihre Pitch-Entscheidung aus dem Bauch heraus fällen, obwohl sie es eigentlich besser wissen müssten. Das hat uns auch kürzlich eine Führungskraft eines großen deutschen Unternehmens bestätigt: „Das Konzept war so genial und wurde so toll präsentiert, also zu schön um wahr zu sein! Und obwohl ich wusste, dass es wahrscheinlich so nie umsetzbar ist, hat es mich gekriegt und ich habe mich ein bisschen darin verliebt. Leider wurde es dann nie realisiert!”

Konfetti und Feenstaub/gefragt wie nie zuvor

Wortwörtlich haben wir das schon erlebt: „Ihre Präsentation hat uns in vielen Punkten überzeugt. Aber es hat etwas Feenstaub gefehlt. Wir hätten uns ein wenig mehr Konfetti versprochen“, so das Kundenfeedback nach einem Pitch. Gewonnen hat dann ein Wettbewerber, der so richtig auf den Putz gehauen und mit den tollsten Features imponiert hat.

Der Feenstaub ist ein bläulich glitzerndes Pulver welches man in diversen Esoterik-shops erhält und womit man jedes kleine Wunder zustande bekommen kann.

Demnach verwundert es nicht, dass Projekte, die so gewonnen werden, am Ende oft nicht halten, was im Pitch versprochen wurde. Der Alltag sieht nämlich meist ganz anders aus: Die Stars, die die Präsentation gerockt haben, sind oft längst mit neuen Projekten beschäftigt, der Geschäftsführer lässt sich nicht mehr blicken und der Projektmanager kommt mit einer Nachforderung nach der anderen ums Eck. Auf Auftraggeberseite macht sich zunehmend Unmut breit, aber die Entscheidung ist nun mal gefallen und mitten im Relaunch nicht umkehrbar. Das kostet Nerven und verschlingt Budgets.

Sind Pitches überhaupt noch zeitgemäß/

Und dann, wenn das Projekt mit Schmerzen und hohem Frustrationsgrad endlich abgeschlossen ist, kommt die Einsicht. Wäre es nicht doch besser gewesen, einen Agenturpartner für eine langfristige, zukunftsfähige Zusammenarbeit zu finden? Und ist dafür ein Pitch überhaupt das richtige Mittel für einen qualifizierten Auswahlprozess? Denn insbesondere digitale Vorhaben erfordern aufgrund ihrer komplexen Aufgabenstellungen mehr Zeit und Entwicklungsstufen sowie eine enge Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit dem Kunden. Das kann ein Pitch in wenigen Wochen eigentlich gar nicht leisten. Hier muss ein Umdenken stattfinden. Unternehmen sollten sich bei der Auswahl der richtigen Agentur mehr Zeit nehmen und sich nicht blenden lassen von hochpolierten Präsentationen.

Und genau dann kommen plötzlich die echten Qualitätsagenturen wieder ins Gespräch. Diese werden nicht mehr zum Pitch, sondern zu Screenings, einem zwanglosen Kennenlernen oder zu Chemistry Meetings eingeladen. Und selbst wenn dann gänzlich „unsexy“ Dinge gezeigt werden, etwa transparente Prozesse, saubere Dokumentation sowie verlässliche, nachvollziehbare und realistische Projektpläne, ist der Kunde begeistert. Und das, obwohl aller Feenstaub verpufft und das Konfetti gänzlich zusammengekehrt ist. Willkommen in der Realität.